Forschung, die bewegt Forschung, die bewegt Forschung, die bewegt
Stiftung Wings for Life  

Forschung, die bewegt

02.05.2022

Die Stiftung Wings for Life fördert weltweit Forschungsprojekte, um eine Heilung für Menschen mit Querschnittslähmung zu finden. Was sind dabei die größten Hürden und wie kann man sie überwinden? Dr. Verena May, wissenschaftliche Koordinatorin bei Wings for Life, gibt Antworten.

Stellen Sie sich vor, Ihr Leben verändert sich von einer Sekunde auf die andere. Stellen Sie sich vor, Sie können Ihre Arme und Beine nicht mehr bewegen. Die Ärzte sagen Ihnen, dass von nun an alles anders ist. Sie können Ihren Lieblingssport nicht mehr ausüben, nicht mehr allein die Toilette benutzen oder jemanden umarmen, der Ihnen wichtig ist. Stattdessen haben Sie Schmerzen und brauchen im schlimmsten Fall nicht nur einen Rollstuhl, sondern eine Vollzeitpflegekraft, die alles für Sie erledigen muss. Für mehr als 250.000 Menschen wird dieser Albtraum jedes Jahr traurige Realität. Sie bleiben nach einer Rückenmarksverletzung querschnittsgelähmt und müssen mit einem Leben umgehen, das sie so nie gewollt hätten. Wäre es nicht großartig, die Situation dieser Menschen zu verbessern? Dazu beizutragen, dass sie ihre Unabhängigkeit wieder erlangen und sie von den mentalen Belastungen und körperlichen Einschränkungen zu befreien? Genau dafür arbeitet Dr. Verena May. Die Humanbiologin ist seit acht Jahren wissenschaftliche Koordinatorin bei der Stiftung Wings for Life. Sie sichtet zahlreiche Anträge von Forschern weltweit, organisiert die Auswahl auf dem Weg zur Finanzierung und plant wissenschaftliche Konferenzen, bei denen kluge Köpfe ihr Wissen austauschen können.

IM GESPRÄCH MIT DR. VERENA MAY

Frau Dr. May, die brennendste Frage vorweg: Was denken Sie, wann wird es eine Heilung geben?

Das werden wir oft gefragt. Leider gibt es dazu keine seriöse Antwort. Querschnittsverletzungen sind sehr komplex und viele Systeme werden dabei in Mitleidenschaft gezogen. Es gibt nicht „die eine Pille“ für eine Heilung. Deshalb fördern wir Forschungsprojekte in allen Schlüsselbereichen der modernen Forschung. Und in einigen dieser Bereiche gibt es mittlerweile klinische Studien. Das heißt, einige Behandlungsansätze werden bereits am Patienten getestet – ein Riesenschritt, der mich sehr hoffnungsvoll stimmt.

Sie meinten, Querschnittsverletzungen sind komplex. Was genau passiert dabei im Körper?

Kurz nach der Verletzung kommt es zu Gewebeschwellung, Einblutungen und Entzündungen im Rückenmark. Dabei sterben viele Zellen ab. In der Folge verstärkt sich dieses Zell-Sterben noch und breitet sich auf das umliegende Gewebe aus. Mit anderen Worten: Der Körper selbst verschlimmert die Verletzung. Um diese Reaktion einzudämmen, bildet er eine Narbe um den beschädigten Bereich. Das ist einerseits gut, aber auch schlecht, denn die Narbe macht es Nerven fast unmöglich, wieder auszuwachsen. Einige von Wings for Life geförderte Forscher wollen genau das ändern.

Wie beurteilen Sie den aktuellen Stand der Forschung?

Mittlerweile widmen sich viele Forschungseinrichtungen weltweit dem Thema Querschnittslähmung. Das war nicht immer so. Man glaubte jahrhundertelang, dass Rückenmarksverletzungen unheilbar sind. Diese Denkweise hat sich dank bahnbrechender Erkenntnisse in der Forschung im Laufe des 20. Jahrhunderts zum Glück geändert. Aber das war erst der Anfang, denn es gab kaum Forschungsprojekte, geschweige denn die Finanzierung dafür.
Fotocredits: Wolfgang Lienbacher
Welche Rolle spielt die Wings for Life Stiftung hier?

Wings for Life hat seit der Gründung im Jahr 2003 einen entscheidenden Beitrag geleistet. Durch wertvolle Spenden war es uns möglich, bis dato 259 Forschungsprojekte und klinische Studien zu fördern, was dem Feld einen großen Anschub gegeben hat. Medizinische Forschung kostet sehr viel Geld und die Rückenmarksforschung ist stark unterfinanziert.

Was ist der Grund dafür?
Es gibt viele Gründe, aber einer davon ist, dass eine Querschnittslähmung keine Volkskrankheit (wie beispielsweise der Herzinfarkt) ist. Jährlich erleiden laut der Weltgesundheitsorganisation „nur“ etwa 250.000 bis 500.000 Menschen diese folgenschwere Verletzung. Dabei kann es jeden treffen. Menschen, die im Straßenverkehr unterwegs sind, bewegen sich beispielsweise in der Haupt-Risikogruppe.

Was wünschen Sie sich für die Betroffenen?
Ich bin sehr zuversichtlich, dass noch mehr erfolgreiche Ansätze den Weg aus dem Labor in klinische Studien finden. Diese Phase ist äußerst schwierig und dauert Jahre. Ich wünsche mir, dass sich aus diesen Studien möglichst bald Therapien für die Patienten entwickeln. In meinen acht Jahren bei Wings for Life hat sich wirklich viel getan und das macht unendlich viel Hoffnung.

ZWEI DER VON WINGS FOR LIFE GEFÖRDERTEN PROJEKTE:

MIT DEM GLÜCKSHORMON ZU MEHR BEWEGUNG

Eine Querschnittsverletzung zerstört Nervenzellfortsätze, sogenannte „Axone“. Die Nervenverbindungen gehen verloren. Chemische Signalmoleküle können im Rückenmark dadurch nicht mehr so gut verbreitet werden. Einer dieser Botenstoffe ist Serotonin, besser bekannt als das „Glückshormon“. Ein erhöhter Serotoninspiegel im Rückenmark könnte durch die noch erhaltenen Nervenzellfortsätze wieder zu mehr Motorik führen. Diesen interessanten Ansatz verfolgt Jessica D'Amico von der Universität Louisville, USA. Sie untersucht an Patienten, ob sich mit Serotonin-Tabletten die Nervenerregbarkeit während eines Bewegungstrainings steigern lässt.
DER NARBE AUF DER SPUR

Der menschliche Körper repariert geschädigtes Gewebe in der Regel nicht, sondern bildet Narbengewebe. Dieses Gewebe behindert das Nervenwachstum. Christian Göritz und sein Team haben sich daher auf die Suche nach den Treibern der Narbe gemacht. Dabei sind sie auf Bindegewebszellen gestoßen, sogenannte „Perizyten“, die hier eine Schlüsselrolle spielen könnten. Die Forscher untersuchen, welche Moleküle und Immunzellen für das Einwandern dieser Zellen verantwortlich sind. Das würde helfen, um Medikamente zu entwickeln und die Narbenbildungen in Zukunft geringzuhalten.
Fotocredits: Erik Cronberg

GEMEINSAM FÜR DIE RÜCKENMARKSFORSCHUNG

Sich gemeinsam mit Teilnehmenden aus 195 Nationen für eine gute Sache zu engagieren, sorgt für eine unglaubliche Stimmung und Gänsehautmomente. Letztes Jahr haben mehr als 184.000 Teilnehmende in 151 Ländern dieses Gefühl erlebt und einen Beitrag zur Rückenmarksforschung geleistet. Und auch heuer laufen am 8. Mai 2022 wieder tausende Menschen weltweit zur selben Uhrzeit mit demselben Ziel: Querschnittslähmung zu heilen. Ob Tag oder Nacht, allein oder im Team, in der Stadt oder am Land, in Österreich oder Südamerika – alle starten zur selben Uhrzeit, um 11 Uhr UTC (Ortszeit Österreich: 13 Uhr). Dabei ist es vollkommen unwichtig, wie schnell oder wie weit man läuft, denn beim Wings for Life World Run sind alle Finisher.

Als bewegliche Ziellinie fungiert dieses Jahr der rein elektrische Audi Q4 e-tron, der in Wien von der zweifachen Olympiasiegerin Anna Gasser und Rallye-Ikone Reini Sampl gefahren wird. Bereits zum vierten Mal ist Audi als „Offical Car Partner“ bei der Veranstaltung dabei.

„Für uns ist es eine Herzensangelegenheit, hiermit einen Teil zur Rückenmarksforschung beizutragen“

‒ betont Thomas Beran, Audi Brand Manager von Österreich.

Das Catcher Car setzt sich 30 Minuten nach dem Start in Bewegung und erhöht jede halbe Stunde die Geschwindigkeit, bis alle Teilnehmenden „gefangen“ wurden. Beendet ist das Rennen also dann, wenn man vom Audi Q4 e-tron überholt wurde. Neben dem physischen Flagship Run in Wien gibt es außerdem die Möglichkeit, mit der Wings for Life World Run App genau dort zu laufen, wo man sich am 8. Mai gerade befindet. Alle Startgelder und Spenden gehen zu 100 % in die Rückenmarksforschung und helfen dabei, Querschnittslähmung zu heilen – also einfach Laufschuhe schnüren und loslegen!

Werden Sie Teil des Audi Teams und laufen Sie mit uns für alle, die es nicht können! Einfach nach der Anmeldung zum Wings for Life World Run dem Audi Team beitreten.
Fotocredits: Mirja Geh
Fotocredits: Mirja Geh
Fotocredits: Mirja Geh
Fotocredits: Mirja Geh
Fotocredits: Mirja Geh