Mehr Zeit am Fahrersitz Mehr Zeit am Fahrersitz Mehr Zeit am Fahrersitz
Marcel Hirscher exklusiv im Audi Talk 

Mehr Zeit am Fahrersitz

16.01.2021

Marcel Hirscher stand im Rahmen des Audi Talks im M32 am Salzburger Mönchsberg Moderator Stefan Steinacher Rede und Antwort und ließ mit interessanten Aussagen aufhorchen.

Du musstest im Sportlerleben sehr flexibel sein, hilft dir diese Flexibilität in der momentanen Phase?
„Nicht zwingend. Natürlich hat man solche Sachen im Profisport immer wieder erlebt, wie auch jetzt die Verschiebung von Wengen nach Kitzbühel und von Kitzbühel nach Flachau, klar, aber ich glaube unsere aktuelle Situation ist für uns nach wie vor so surreal und unvorstellbar, es dauert seine Zeit, bis man realisiert was da ein Jahr lang los war. Wir können nur hoffen, dass es so schnell wie möglich eine Verbesserung der Situation gibt.“

Woraus setzt sich deine mentale Stärke zusammen und was waren im Nachhinein die größten mentalen Herausforderungen in deiner Karriere?
„Entweder man ist ein Rennfahrer oder nicht, das kannst du nur schwer trainieren. Viele sind im Training wahnsinnig stark, aber dann im Rennen noch eines draufzusetzen, das kann man nur ganz schwer trainieren, das ist ein Geschenk, das man mitbekommt. Wie ich mit 22 Jahren, das erste Mal den Gesamtweltcup gewonnen habe und dann so in die Öffentlichkeit gehoben wurde, war aufregend aber auch eine riesen Herausforderung.

Du bist als junger Athlet null vorbereitet, hast keine Ahnung was dich da erwartet.

Ich glaube es gibt wenig Österreicher, die in so jungen Jahren so viele Interviews gegeben haben, da prasselt auf einen jungen Menschen schon sehr viel ein. Da ist schon sehr viel Lehrgeld inkludiert.“

Hast du dich in diesen Phasen, sagen wir mal nicht depressiv, aber alleine gefühlt?

Genau deswegen war Laura immer an meiner Seite, um zumindest noch einen Funken Normalität zu bekommen.

„Der Wettkampf, die Show, das Adrenalin - jeder stellt sich vor der wird jetzt feiern und eine gute Zeit haben. Wir haben uns dann schlussendlich eh eine gute Zeit gemacht, vielleicht am Abend noch eine coole Serie angeschaut und im Idealfall noch etwas gegessen. Man stellt sich das oft super Klasse vor und es ist auch nicht schlecht. Wenn die Leute zu mir sagen, du warst schon überall auf der Welt, ja das stimmt, aber ich habe nichts davon gesehen. Ja, ich kann dir den Flughafen und die Skipiste gut beschreiben, aber das war es dann auch. So muss man das sehen, jeder Beruf hat Vor- und Nachteile, jeder Job hat seine schönen und unlustigen Seiten.“
Geht dir diese mega Stimmung im Zielgelände, dieser Adrenalin-Kick, wenn man seine Leistung am Punkt abrufen kann, nicht ab?
„Ehrlich gesagt gar nicht. Stimmung ja, die würde ich gerne wieder konsumieren. Wir alle hätten glaube ich gerne wieder Sportveranstaltungen, wo man Fans sieht, eine Stimmung und Atmosphäre mitbekommt, aber nicht mehr als Aktiver. Ich denke mir das heuer noch viel mehr als letztes Jahr, bin sehr froh, dass ich mich so entschieden habe. Diese neu gewonnene Freiheit zu haben und mehr am Fahrersitz zu sitzen denn je, ist doch ein sehr großer Gewinn.“

Welchen Tipp würdest du heute und mit dem Wissen von jetzt dem damals 20, 22-jährigen Marcel Hirscher geben?
„Genauso wie an der technischen Seite und am Material gearbeitet wird, braucht es zu dem Zeitpunkt auch Personen, die verantwortlich für die jungen Athleten sind, die da herangeführt werden. Wir haben nicht gesagt wir werden Personen der Öffentlichkeit, wir wollten alle nur schnell Skifahren, das möglichst gut und im Idealfall Rennen gewinnen. Aber keiner hat die Idee gehabt, dass er ins Fernsehen will, das war nicht mein Antrieb. Deshalb glaube ich das es gut wäre, wenn es in diesem Bereich eine Vorbereitung, ein Coaching gibt. Um was geht es bei einem Interview, welche Regeln gibt es, was sind die absoluten No-Gos – man hat ja überhaupt keine Ahnung was da schlussendlich auf einen hereinprasselt.“

Du gibst in deinen sozialen Medien jetzt gefühlt mehr Preis als während der letzten Jahre deiner aktiven Rennkarriere. Warum ist das so?
„Es gibt mehr herzuzeigen. Andere Situationen, Projekte einfach eine neue Seite die interessanter ist als blau, rot, blau, rot - und das die ganze Zeit. Ich habe auch die Lust verloren den tausendsten Schwung zu zeigen, schlussendlich schaut eh jeder gleich aus.“

Du warst letztes Jahr bei der Freeride World Tour in Fieberbrunn zu Gast, sprachst anschließend von einem deiner lässigsten Tage im vergangenen Winter? Kann es sein, dass wir dich künftig auf der Tour wettkampfmäßig in Action erleben werden?
„Eher nicht. Ich will nicht wieder in einen Wettkampf gehen, mich wieder judgen lassen. Dann mache ich es genau gleich. Wieder mit dieser Akribie und dem Einsatz, der sich schwer mit der buchstäblichen Freude, die im Vordergrund steht, verbinden lässt. Abgesehen davon, auf diesem Level zu performen, das sind zwei komplett verschiedene Paar Schuhe. Mein Skifahren hat mit dem Skifahren nur sehr wenig zu tun. Ich bleibe lieber bei der Leidenschaft und coolen Projekten.“

Dein Sohn hat bereits Skier bekommen, schwingt er schon herunter?
„Ich frage glaube ich wirklich täglich, muss noch Geduld haben (lacht). Aktuell ist es ein lustiges Kennenlernen, was ist ein Skischuh, was eine Bindung, ein bisschen ein Herumstapfen, mehr will ich gar nicht. Solange das nicht von der Gegenseite kommt und es heißt Papa gemma Skifahren, passiert nichts.“

Audi startet 2022 erstmalig bei der Rallye Dakar und das mit einem elektrischen Antriebsstrang. Kannst du dir vorstellen, selbst an den Start zu gehen, schwebt so etwas im Hinterkopf?
„Ich glaube mein Freund Matthias Walkner hat da schon gewisse Pläne mit mir (schmunzelt), mal schauen, wie sich das alles entwickelt. Die Rallye Dakar ist eines der letzten großen Abenteuer, die leider immer wieder Opfer fordert, es ist schon auch sehr gefährlich, keine Frage. Ich bin fasziniert, dass Audi diesen Schritt mit einem elektrischen Antriebsstrang geht, sehr gespannt wie das funktioniert und wie die Performance sein wird.“

Es ist einfach cool die Marke Audi dort zu sehen, wer weiß welche Möglichkeiten sich ergeben, es ist schon wahnsinnig beeindruckend.

© Audi Motorsport Communications
Die tägliche Turnstunde spielt in den politischen Aussagen kaum eine Rolle, wünscht du dir da eine andere Kommunikation?
„Es kann nicht sein, dass viele Kinder keinen Purzelbaum vorwärts und rückwärts können. Wenn man sich Statistiken zeigen lässt, wie viel Bewegung Kinder tatsächlich tagtäglich machen, dann ist das schockierend. Unvorstellbar, ich habe gesagt diese Studie kann nicht stimmen, das gibt es nicht. Das gibt mir persönlich schon zu denken. Ich weiß selber, wie es mir geht, wenn ich mich ein paar Tage nicht bewege, da geht es mir nicht gut, ich fühle mich nicht wohl. Jeder der Sport betreibt und sei es der so wichtige Freizeitsport, weiß wie gut sich das anfühlt. Ich sehe es schon als unsere Aufgabe, speziell als Sportler, das auch zu vermitteln.“
Marcel Hirscher im Audi Talk
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